Seit über 20 Jahren ist die Münchner Nicalaidis YoungWings Stiftung eine zentrale Anlaufstelle für Menschen in einer schweren Situation. In einer Situation, die wenig gesellschaftliche Aufmerksamkeit erfährt: Die Stiftung betreut Erwachsene bis 49 Jahre, deren Lebenspartner verstorben sind und Kinder und Jugendliche, die Vater, Mutter oder beide Elternteile verloren haben. Gegründet hat die Stiftung Martina Münch-Nicolaidis vor mehr als zwei Jahrzehnten, und eine lang gehegte Vision wird nun bald Wirklichkeit: Unter dem Leitgedanken „Mehr Raum für junge Trauernde“ wird auf dem Nockherberg-Areal das Sternenhaus entstehen – ein Ort der Zuversicht und des (Weiter-)Lebens, um eine noch umfassendere Unterstützung für junge Trauernde möglich zu machen.
Ein Ort, „an dem man sich geborgen fühlt“: Am Nockherberg entsteht das "Sternenhaus"
Frau Münch-Nicolaidis, freuen Sie sich schon auf den Umzug in die Au?
(lacht) Auf jeden Fall.
Die Räume der Nicolaidis YoungWings Stiftung befinden sich heute noch auf der Schwanthalerhöhe.
Und die platzen bald aus allen Nähten. Wir haben uns zwar erst vor rund drei Jahren vergrößert, aber der Bedarf nach unseren Angeboten wächst weiterhin. In Deutschland gibt es ungefähr 800.000 Halb- und Vollwaisen und 500.000 junge Witwen und Witwer. Mittlerweile arbeiten bei der Stiftung 21 fest angestellte Kolleginnen und Kollegen und 83 Ehrenamtliche als Trauerbegleiter, Paten, Coaches und in den Stiftungsgremien.
Die Stiftung gibt es bereits seit mehr als 20 Jahren.
Alles hat im Jahr 1998 angefangen. Ich habe meine Eltern und kurz darauf meinen Mann verloren, meine Tochter war damals sechs Wochen alt. Ich habe Angebote gesucht, die Menschen in meiner Situation, also junge Verwitwete, unterstützen. Aber es gab keine. Die Not dieser Menschen hat die Gesellschaft damals nicht gesehen. Also habe ich in München-Solln eine Selbsthilfegruppe organisiert. Der Zuspruch war enorm. Später habe ich einen Verein gegründet und 2014 eine reine Stiftung, die von 13 Stiftern getragen wird. Heute sind wir für trauernde Kinder, Jugendliche und Erwachsene aus dem gesamten Bundesgebiet eine Anlaufstelle. Wir bieten Trauergruppen für alle Altersstufen an, außerdem telefonische und persönliche Trauerbegleitung, Freizeitangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und Unterstützung in alltags- und organisatorischen Fragen.
Am Nockherberg, wo die Bayerische Hausbau ein Wohnquartier entwickelt, wird nun das so genannte Sternenhaus entstehen. Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit gekommen?
Ich habe Alexandra Schörghuber bereits vor Jahren auf einer Veranstaltung kennengelernt. Einer unserer Unterstützer hat uns beide einige Zeit später wieder zusammengebracht. Ich habe ihr dann das Sternenhaus-Projekt vorgestellt und sie hat sich der Sache angenommen. Später, vor mehr als drei Jahren, kam Dr. Jürgen Büllesbach dazu. Wir haben Gespräche darüber geführt, inwiefern die Unternehmensgruppe die Stiftung unterstützen könnte. Ich habe die Bayerische Hausbau und ihre Vertreter als sehr lösungsorientiert kennengelernt. Man setzt sich hin, man schaut was möglich ist, denkt um die Ecke. Hut ab! Die Mittel für den Erwerb des Grundstücks werden uns schließlich mit Unterstützung der Schörghuber Unternehmensgruppe durch Spenden zur Verfügung gestellt. Damit haben wir nicht gerechnet, das ist einfach toll.
Wie wird das Haus, das an der Regerstraße das Entree zum neuen Quartier bestimmen wird, aussehen?
Die Vision für das Sternenhaus trage ich bereits seit mehr als 15 Jahren mit mir herum. Das Sternenhaus steht für einen geschützten Raum, in dem die eigene Trauer gezeigt werden darf, es Platz für individuelle Beratung und Begleitung gibt. Es wird Betreuungs-, Begegnungs-, Werk- und Gruppenräume geben, Räume zum Toben und zum Entspannen. Das Haus wird ein schöner Ort werden, ein Ort, an dem man sich geborgen fühlen kann. Innen wird viel mit Holz gearbeitet, es wird sehr lichtdurchflutet sein – ein Ort der Zuflucht. Und von außen sollen die Kinder und Jugendlichen sagen: Da will ich rein!
Ein städtebauliches Highlight hat das Haus auch zu bieten…
…den Sternengarten, ja. Auf dem Dach des Hauses wird es ein sechs Meter hohes Glasdach geben, darunter ein ganzjährig nutzbarer Garten. Kinder werden dann im Gras liegen und in die Sterne schauen können.
Wann werden Ihre Mitarbeiter in dieses besondere Haus einziehen können?
2023 wird es fertig sein. Es ist für uns alle eine sehr spannende und aufregende Zeit. Wir können es eigentlich kaum mehr erwarten.