Ein lang gehegter Traum ist endlich wahr geworden: Nach mehr als zwei Jahrzehnten Planung hat das Sternenhaus der Nicolaidis YoungWings Stiftung seine Türen geöffnet. Hier wird Kindern und Jugendlichen Raum gegeben, um den Verlust von Vater, Mutter oder beiden Elternteilen zu verarbeiten. Auch junge Erwachsene, die ihren Lebenspartner verloren haben, finden im Sternenhaus Zuspruch und Unterstützung. Die 2022 verstorbene Stiftungsgründerin Martina Münch-Nicolaidis hatte die Idee für einen solchen zentralen Ort, der einen offenen Umgang mit Trauer schafft und Beratungsräume, eine Kreativ-Werkstatt und Spielbereiche bietet.
Das Sternenhaus am Nockherberg: ein Zuhause für die Zuversicht
Abschluss des Quartiers
Im Jahr 2018 legte Alexandra Schörghuber mit der Spende des Grundstücks in Au-Haidhausen durch die Stefan Schörghuber Stiftung das Fundament für das Haus. Es ist der Abschluss des Projekts Am Nockherberg Nord, das Wohnungen, eine Kindertagesstätte und das Trauerzentrum vereint. Dieser Teil des Wohnquartiers am Nockherberg besteht aus sechs Gebäuden, die sich in Höhe, Breite und Materialität unterscheiden. Auch die Farbigkeit variiert. Der sandsteinfarbene Ton der Fassaden ist an jedem Haus etwas anders. So wirkt die Architektur wie ein über die Zeit gewachsener Stadtraum.
Das Quartier wurde nach einem städtebaulichen Konzept von Rapp + Rapp zusammen mit anderen Architekten entworfen. Zu ihnen gehören das Büro Henning Larsen sowie Teamwerk Architekten aus München, die mit der Bayerischen Hausbau das Sternenhaus realisierten. Das Gebäude konnte aus Spenden, Förderungen und Zuschüssen finanziert werden. „Die Bayerische Hausbau hat das Projekt unterstützt, indem wir die Projektabwicklung für den sogenannten veredelten Rohbau übernommen haben“, erläutert Josef Stangl, der gemeinsam mit Thomas Lerchenberger sechs Jahre lang das Projektteam leitete. „Das heißt, dass wir den Rohbau, die Fassade und den Innenausbau einschließlich Estrich ausgeführt haben.“
Natur als Inspiration
Das Sternenhaus ist nicht nur wegen seiner Bestimmung besonders, auch seine Fassade ist außergewöhnlich. Sie weist auf die einzigartige Funktion des Gebäudes hin. Zwischen den Fenstern ziehen sich feine geschwungene Linien über die Außenwände und bilden an einigen Stellen stilisierte Blätter. „Das Wachstum von Bäumen und Pflanzen, der Lauf der Natur waren zentrale Ideen hinter dieser Formgebung“, führt Henri Seiffert von Teamwerk Architekten aus, der mit seiner Kollegin Chloé Roquèr federführend für den Entwurf war. An einigen Stellen integrierten sie leicht reflektierende Fliesen in den Putz. „Sie sollen an den Lichteinfall auf Baumkronen erinnern“, erläutert Seiffert.
Auch in den Innenräumen nimmt die Gestaltung immer wieder Bezug auf die Elemente der Natur: Die offenen Räume sind lichtdurchflutet, überall finden sich Holz und andere natürliche Materialien. Blautöne als Symbol für Wasser dominieren im Erdgeschoss, Holz- und Grüntöne als Reminiszenzen an Wald prägen die Etage darüber. Im zweiten Stock vermittelt ein warmes Spektrum von Rosa bis Violett die Atmosphäre von Sonnenauf- und -untergängen, das dritte Obergeschoss leuchtet in lichtem Gelb.
Gestalterisches Highlight aber ist zweifelsohne der fast sechs Meter hohe gläserne Sternengarten als Krönung des Hauses. In diesem Raum sollen Pflanzen, Bäume und ein kleiner Bachlauf Ruhe und Kontemplation ermöglichen. Drei Pfeiler, die mit ihrer senkrechten Gliederung abermals an Bäume erinnern, tragen mehr als 200 transparente Dreiecke und Vierecke in unterschiedlichen Formen und Formaten. Sie bilden das Dach und nehmen insgesamt 230 Quadratmeter horizontale Fläche ein. Die Verstrebungen zwischen den Gläsern sind sternförmig arrangiert und erinnern an die Verästelungen einer Baumkrone.
Projekt mit Strahlkraft
Unterstützung erhält das Sternenhaus auch von prominenter Seite: Der Fußballprofi Thomas Müller setzt sich intensiv für das Projekt ein und unterstützt die Stiftung als Botschafter. „Man muss nicht selbst betroffen sein, um das Sternenhaus zu unterstützen. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, die den Verlust eines nahestehenden Menschen erlebt haben, verdienen die Aufmerksamkeit und Unterstützung von uns allen“, betont Müller. [JKB1]
Alexandra Schörghuber sagte während der Eröffnungsfeier: „Wir eröffnen einen Leuchtturm, der nach innen strahlt – in die Seelen und Herzen der Trauernden –, der nach außen strahlt – weil er neues gesellschaftliches Bewusstsein schafft – und der hoffentlich in die Zukunft strahlt – indem das Münchner Vorbild möglichst viele Nachahmer finden möge.“
Das Engagement aller Beteiligten und die innovative Bauweise machen das Sternenhaus am Nockherberg zu einem wertvollen und nachhaltigen Bestandteil Münchens. Noch sind die Arbeiten nicht vollständig abgeschlossen. Unter anderem für den weiteren Innenausbau benötigt die Stiftung noch finanzielle Unterstützung. Aber auch schon jetzt zeigt das Sternenhaus, wie durch vereinte Anstrengungen ein Raum der Zuversicht entsteht. Mit ihm haben die Nicolaidis YoungWings Stiftung und seine Unterstützer ein dauerhaftes Zeichen gesetzt, das in die Stadt und weit über sie hinaus leuchten wird.
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