Erstmal rein ins Haus, ab in den Aufzug. Johannes Ernst schlägt vor, ganz nach oben zu fahren und dem Regen zu entkommen. Geplant war ein kleiner Rundgang durch das Werksviertel hinter dem Ostbahnhof, aber das Wetter will nicht mitspielen. Also rein ins Werk 3, den enormen orangenen Quader am Eingang des neuen Viertels, der sich selbstbewusst Richtung Innenstadt schiebt. Ernst drückt auf den Knopf: Es geht ganz nach oben ins „München Hoch 5“, eine Eventlocation, die den vielen Mietern im Werk 3 auch als Kantine und Cafébar dient. Eine Kantine, die so nicht jeder hat: mit Blick auf den zweckmäßigen Ostbahnhof und die vielen Gleise, auf das Gründerzeit-Haidhausen, auf die Kirchtürme der Münchner Innenstadt.
Ernst trinkt eine Cola light, lehnt sich an einen Stehtisch und zeigt auf den großen, leeren Raum nebenan, vollverglast, zwei Stockwerke, bestimmt fünfzehn Meter hoch. „Hier haben sich schon 400 Jogis zum Yoga getroffen und einen Kopfstand gemacht“, sagt er, „und einen Tag später hat BMW ein neues Auto präsentiert.“ Das werde oft vergessen, sagt Ernst, bei all dem, was das Werksviertel ausmache, sei die richtige Mischung einer der wichtigsten Aspekte: „Wenn man sie erreichen will, darf man nicht nur im städtebaulichen Maßstab denken, sondern muss diese Durchmischung auch in die Gebäude hineintragen.“
Das Werksviertel: Über Jahrzehnte hinweg haben hinter dem Ostbahnhof Industriebetriebe ihre Heimat, der Knödelhersteller Pfanni und der Motorradbauer Zündapp sind die bekanntesten Namen. Nach und nach wandern die Firmen ab, die Flächen werden frei. In den ehemaligen Werksgebäuden etabliert sich in den neunziger Jahren der „Kunstpark Ost“ mit Gastronomie, Konzerthallen, Großdiskotheken, Clubs, Künstlerateliers, Ausstellungsflächen, Werkstätten und Büros als Zwischennutzungen. Seit mehr als einem Jahrzehnt wird nun am und auf dem Gelände geplant und gebaut. Einer von mehreren Grundstückseigentümern ist Pfanni-Erbe Werner Eckart, er taucht immer wieder in den Medien auf, ist gemeinhin das Gesicht des Werksviertels. Mit Eckart hat Architekt Ernst das innovative Konzept zum Werksviertel erarbeitet. Ernst sagt: „Eine Idee hat man nie allein. In dem Fall hat es sehr gut gepasst.“ Die Presse bezeichnet ihn als „Mastermind“ hinter der Planung des Werksviertels, und so ganz verwahrt sich Ernst gegen den Begriff nicht. „Ich bin mit meinen Ideen eine integrative Figur für die Eigentümer. Eines der wichtigsten Dinge, die ich erreicht habe, war, mit Ideen die heterogene Eigentümergruppe zusammenzubringen.“